Die Deutsche Bank (5) und die Justiz - und: was müsste sich ändern?

Die Deutsche Bank (5) und die Justiz  - und: was müsste sich ändern?

Ackermann beim Mannesmannprozess 2004 (der mit dem Victory-Zeichen): „Dies ist das einzige Land, in dem diejenigen, die Erfolg haben und Werte schaffen, deswegen vor Gericht gestellt werden.“

So spricht einer, der keineswegs Werte schuf, sondern verbrannte und für Dutzende Rechtsverstöße steht. “Ich schäme mich für die Rechtstaatlichkeit Deutschlands”, legt er 2015 im Betrugsprozess Fall Kirch nach: Arroganz der Macht statt Einsicht und Rechtsbewusstsein.

Die Deutsche Bank und die Justiz

Da man dem Rechtsstaat offenbar nicht trauen kann, muss man manchmal etwas nachhelfen:

Ein New Yorker Staatsanwalt, Richard Walker, der Untersuchungen gegen die Deutsche Bank im Zusammenhang mit vermuteter Kursmanipulation bei der Übernahme von Bankers Trust führte, wurde kurzerhand gekauft: Er bekam einen hochdotierten Job bei der Deutsche Bank. Damit endeten dann natürlich auch die Untersuchungen. Entgegen der US-Archivgesetze wurden beim Jobwechsel  auch Akten vernichtet. Der Prozess war damit tot und die Börsenaufsicht SEC korrumpiert.

Der Anruf Fitschens beim hessischen  Ministerpräsidenten (2012) im Zusammenhang mit einer Razzia – ein Versuch der politischen Einflussnahme auf Justiz?

Über unkooperatives Verhalten gegenüber Gerichten wurde bereits oben berichtet.

Soviel zum Rechtsstaatsverständnis der Deutsche Bank, auch nur eine kurze, schlaglichtartige Auswahl.

Einige Forderungen

  • Aufsichtshaftung:

Vorstände sollen sich bei systematischen Rechtsverstößen nicht mehr damit herausreden können, nichts gewusst zu haben – für 10 Mio. Gehalt kann man erwarten, dass der Informationsfluss professionell gestaltet wird. Dafür sollten die Vorstände persönlich haftbar gemacht werden können.

  • Einrichtung einer Bundesfinanzpolizei

Das Nebeneinander von Finanzämtern der Länder, Bundeszentralamt für Steuern, BaFin und den Finanzministerien lähmt wirksame Ermittlungen bei organisierter Finanzkriminalität. Staatsanwaltliche Ermittlungskompetenzen sollten gebündelt werden, ähnlich dem BKA bei herkömmlicher organisierter Kriminalität. Falls dies aufgrund des Föderalismus nicht durchsetzbar ist, sollte zumindest eine sachgerechte und wirksame Prozessintegration der beteiligten Institutionen gewährleistet werden. Dazu gehört auch eine konsequente Umsetzung der europäischen Regeln. Die EBA (europ. Bankenaufsicht)  hatte im Geldwäscheskandal der Danske-Bank Überprüfungen angeordnet, was die nationalen (dänischen und estnischen) Behörden pflichtwidrig nicht umsetzten. MdEP Sven Giegold forderte daher jüngst (SZ 19.04.19) auch eine europäische Finanzpolizei und eine europäische Geldwäschemeldestelle. Schätzungen zufolge werden allein in Deutschland jährlich 100 Mrd. Euro gewaschen.  Dafür wurde die BRD von der EU-Kommission bereits ermahnt (wegen zu geringer Fortschritte bei der Geldwäsche-Bekämpfung).

  • Die Ämter und Staatsanwaltschaften müssen besser und mit mehr Experten ausgestattet werden

Man vergleiche, was eine Handvoll Journalisten aufdecken kann, siehe Panama-Papers oder Luxleak, aber die staatlichen Instanzen offenbar nicht. Möglicherweise ist dies sogar als Teil eines „Standortwettbewerbs“ gewollt – nach dem Motto: Kommt zu uns, wir prüfen nicht so genau.

  • Unternehmensstrafrecht:

In Deutschland können nur Personen bestraft werden, nicht Unternehmen, wie es in den USA etwa möglich ist. Bei uns können Unternehmen mit Bußgeldern belegt werden und Gewinne können abgeschöpft werden, aber ein Unternehmen kann nicht bestraft werden. Bei Enthüllungen zu den großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (auch durch Journalisten) wurden Fälle offenbar, die zeigen, dass man dort schön durchrechnet, wie viel Bußgeld man ggf. zahlen muss – manchmal rentiert sich der Gesetzesverstoß auch dann noch und wird daher munter betrieben. Es braucht also eine wirksame Strafdrohung bis hin zum

  • Lizenzentzug von Banken (oder Prüfgesellschaften oder Autobauer etc.) bei wiederholten Gesetzverstößen.

In Südkorea beispielsweise wurde die Deutsche Bank bereits 2011 mit einem halbjährlichen Handelsverbot  belegt.

  • Regulierung der Finanzmärkte

Wie 2008 u.a. von Merkel versprochen: „Kein Produkt darf unreguliert bleiben“ – geschehen ist  zu wenig. Keine Bank darf so groß werden, als dass man sie pleite gehen lassen könnte, ohne dass der Steuerzahler sie rettet. Die Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank und die jetzt geplatzten Gespräche über eine Fusion mit der Commerzbank gingen in die entgegengesetzte Richtung; zu erwarten ist, dass eine neue Bank zur Fusion mit der Deutsche Bank gesucht wird, um diese vor einer absehbaren Pleite zu retten.

Die schiere Bankengröße ist auch daher ein Problem, weil Geldwäsche dadurch begünstigt wird, dass nur eine Handvoll Bankkonzerne rund 60% der internationalen Finanzströme abwickeln, also jeweils täglich mit Hunderten von Milliarden balancieren. Da lassen sich ein paar Millionen Schwarzgeld leicht verstecken.

  • Cum-Ex-Varianten:

Steuerrückerstattung nur, wenn die Aktie einige Tage vor und nach der Ausschüttung gehalten wurde und in diesem Zeitraum nicht verliehen wird.

Generell sollten alle Geschäfte verboten werden, die darauf abzielen, Gewinne dadurch zu erzielen, dass Steuern umgangen oder missbräuchlich erstattet werden.

  • wirksame Unterbindung des Einflusses von Lobbyisten, Consultingunternehmen und Großkanzleien auf die Finanzgesetzgebung.

Bisher ist es so, dass etwa die Consulter den Staat beraten bei der Steuergesetzgebung und damit auch die Gesetzesschwächen kennen oder solche sogar bewusst in Gesetze hineinschmuggeln und dann dieses Wissen den Banken und Superreichen, die Steuern sparen wollen, verkaufen. Letztlich ist es Neofeudalismus, wenn nicht gewählten Parlamente, sondern Privatorganisationen die Gesetze mitformulieren.

Die Kungelei lässt sich auch personell festmachen: Ausgerechnet ein Mann wie Cajo Koch-Weser, ehemaliger Staatssekretär im Finanzministerium und BaFin-Chef, konnte 2006 problemlos zur Deutsche Bank wechseln. Was er da wohl machte?

Eine Karenzzeit könnte den direkten Wechsel von  MitarbeiterInnen der Finanzaufsichtsbehörden in die Banken und umgekehrt verhindern.

  • Nötig ist insgesamt ein Umbau des Finanzsystems

Besonders die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die viele der schädlichen Geschäfte unrentabel machen würde, und die Wiedereinführung des Trennbankensystem, das die Abwicklung einer sich in den Bankrott verspekulierenden Bank erleichtern würde.

[Weitere Hinweise und Forderungen, wie das Banken- und Finanzsystem stabilisiert und gegen kriminelle Praktiken geschützt werden kann, siehe https://www.attac-netzwerk.de/index.php?id=75208]

Eine Verschärfung der Gesetze läuft jedoch ins Leere, wenn der politische Wille, notfalls auch einer Großbank auf die Zehen zu treten, gar nicht da ist. Es gibt ja den erkennbaren politischen Willen zu einer global agierenden deutschen Großbank, wie auch die geplatzten Fusionsüberlegungen Commerzbank-Deutsche Bank  zeigten.

Auch die bisherigen, sicherlich nicht gerade bissigen Gesetze, werden ja nur halbherzig umgesetzt. Eine Kanzlerin, die eine Geburtstagsparty für Ackermann im Kanzleramt ausrichtet, ist nicht glaubwürdig als Bankenbändigerin. Wirtschaftsminister Altmeier nahm die Deutsche Bank namentlich in seine „Industriestrategie 2030“ auf, in der er Konzerne nennt, die die Politik bei Bedarf unterstützt. Im Denken unserer Polit-Eliten ist eben das nationale Interesse mit dem Interesse der Großkonzerne eng verknüpft. Politik für Deutschland zu machen ist dann gleichbedeutend damit, Politik für die deutschen Unternehmen zu machen. So lange die gedankliche und reale Kungelei nicht endet, greifen auch Gesetzesverschärfungen nicht wirklich.

Bis hierher war viel die Rede von anrüchigen und gesetzwidirgen Geschäften, von Prozessen und von der Selbstbereicherung von Managern – kehren wir also zu unserer Ausgangsfrage zurück und fragen: Ist die Deutsche Bank – eine kriminelle Vereinigung?

Weiterlesen Teil 6: Ist die Deutsche Bank nun eine kriminelle Vereinigung?


Inhaltsübersicht Blogbeitrag:

Teil 1 ein kriminelles Unternehmen?

Teil 2 gesetzwidrige Geschäfte vor dem “Kulturwandel”

Teil 3 In der Finanzkrise

Teil 4 Nach dem Kulturwandel

Teil 5 Die Justiz – Was müsste sich ändern?

Teil 6 Ist die Deutsche Bank nun eine kriminelle Vereinigung?