Bericht: Statt Finanzcrash 2.0 Kapital für die Menschen

Bericht: Statt Finanzcrash 2.0 Kapital für die Menschen

Steigende Mieten, sogenannte „blutige Entlassungen“ aus der Klinik, marode Brücken – was haben diese Missstände mit der Finanzsystemkrise zu tun? Diese Frage wurde am 15.Januar 2019 im Bürgerhaus Bilk in Düsseldorf diskutiert. Als Experten dazu waren Michael Tellmann vom Attac-Rat, der Personalratsvorsitzende der Unikliniken Düsseldorf, Martin Körbel-Landwehr, und Uwe Foullong von Ver.di anwesend.

Kapitalkonzentration als Hauptursache der Finanzkrise 2007

Michael Tellmann machte deutlich, dass die Kapitalkonzentration in den Händen großer Finanzakteure die Hauptursache der 2007 ausgebrochenen Finanzkrise war. Diese Vermögenskonzentration wurde durch die Krise sogar noch verstärkt. Da dieses Geld nicht in die Realwirtschaft fließt, sondern in den Finanzmärkten spekulativ angelegt wird, kommt es zur „Blasenbildung“, also einer künstlichen Aufblähung der Vermögenswerte (wie etwa bei den Immobilien, wodurch dann die Mieten steigen). Dem Vermögenswachstum entspreche ein Schuldenwachstum. Dadurch bestehe die Gefahr einer nochmals akut werdenden Finanzkrise weiter. Zwar wurden einige halbherzige Maßnahmen zur Stabilisierung der Banken ergriffen; die Schattenbanken blieben aber weiter unreguliert. Er forderte daher eine Vermögensumverteilung und eine wirksame Regulierung der Finanzmärkte.

Fatale Auswirkungen auf die Sozialpolitik

Uwe Foullong erläuterte, wie sich der fortbestehende und durch die Krise noch gesteigerte Finanzmarktkapitalismus auf die Wirtschafts- und Sozialpolitik auswirkt. Den Kapitalverwertungsinteressen – der Orientierung an Profitsteigerung –  liege die neoliberale Ideologie zugrunde. Hierbei gehe man davon aus, dass der sogenannte „freie Markt“ effizienter sei als staatliche Wirtschaftstätigkeit; die Folge seien die Privatisierung von vormals staatlich geführten sozialen Institutionen und rückläufige staatliche Investitionen in Infrastruktur und Institutionen der Daseinsfürsorge. Menschen würden als Kostenfaktoren verstanden, daraus folge als Konsequenz  der Sozialabbau, wie er etwa in den Hartz-Gesetzen sichtbar wurde. Infolge dieser neoliberal umgestalteten Wirtschaft seien die Lohnquote gesunken und die Kapitaleinkommen gestiegen; das Vermögenswachstum habe sich von der Realwirtschaft entkoppelt. Auch Uwe Foullong plädierte daher für eine Abschöpfung hoher Privatvermögen zugunsten einer gerechter organisierten Gesellschaft. Das Bündnis „Reichtum umverteilen“ werde dafür in die Offensive gehe.

Beispiel: Gesundheitswesen in Düsseldorf

Martin Körbel-Landwehr zeigte, wie sich die neoliberale Politik im Krisenmodus ganz konkret  beim Gesundheitswesen in Düsseldorf auswirkt. Zum Beispiel habe aktuell die Privatisierung eines Krankenhauses zugunsten der Sana-Kliniken aus Kostengründen (also Profitinteressen) zur Schließung eines Kreißsaales geführt.

Das Land habe früher die notwendigen Investitionen der Krankenhäuser finanziert, die keine Gewinne machen durften; heute werden nur noch unzureichende Investitionszuschüsse gewährt. Finanziert würden Investitionen der Krankenhäuser daher durch Kredite, die aus den Gewinnen dieser Krankenhäuser bedient werden müssen. Um diese Gewinne zu erwirtschaften, setze man in den Privatkliniken auf Lohnsenkung und Personalabbau; der Arbeitsdruck nehme zu, während die Qualität der Patientenversorgung leidet; eine starke Reduzierung der Verweildauer der Patienten in den Kliniken bis hin zu „blutigen Entlassungen“ seien die Folge. Martin Körbel-Landwehr forderte eine kollektive Gegenwehr gegen diese Entwicklung und eine Re-Regulierung der Arbeitsabläufe im Interesse der Patienten und Beschäftigten.

Lebhafte Diskussion mit dem Publikum

Insbesondere diese konkreten Beispiele aus den Kliniken sorgten für Empörung im Publikum. „Es geht doch um Menschenrechte!“, brachte es eine Diskutantin auf den Punkt. Die recht lebhafte Diskussion drehte sich schließlich um die Frage, wie man diese schädlichen Entwicklungen stoppen kann: Nämlich durch verstärkte Gegenwehr der betroffenen Bürger und Arbeitskräfte. Die Gewerkschaften und Attac bieten dazu Möglichkeiten.


Statt Finanzcrash 2.0 Kapital für die Menschen

  • Uwe Foullong, Gewerkschaft ver.di und Bündnis Umverteilen
  • Michael Tellmann, Attac Bundesfinanz AG und ehemaliger Banker
  • Martin Körbel-Landwehr, Personalratsvorsitzender der Uniklinik Düsseldorf
  • Moderation: Joachim Braun, attac Düsseldorf
2 Billionen Euro pumpte die EZB in die Märkte.
Das Geld für preiswerte Wohnungen, Pflegepersonal und Zinsen für die Altersvorsorge fehlt. Wie das anders werden soll, stellen attac und ver.di zur Diskussion.
Di | 15. Jan | 19-21 Uhr | Bürgerhaus Bilker Arkaden, Bachstr. 145, Düsseldorf