Die Deutsche Bank (1) – ein kriminelles Unternehmen?

Die Deutsche Bank (1) – ein kriminelles Unternehmen?

Die Deutsche Bank gerät trotz des eigentlich schon längst ausgerufenen „Kulturwandels“ immer wieder aufgrund  gesetzeswidriger Geschäftsvorgänge in die Schlagzeilen.  Dahinter stehen keine einmaligen Verfehlungen einzelner Manager zu einer bestimmten Zeit; vielmehr hat dieses Geschäftsgebaren eine lange Tradition und erfasst weite Teile der Bank.

Dies soll im Folgenden dargestellt werden, um anschließend einige Forderungen zu formulieren, die gesetzgeberisch nötig wären, um dem Treiben ein Ende zu machen und schließlich die Frage zu beantworten, ob die Deutsche Bank eine kriminelle Vereinigung darstellt.

Joachim Braun, Finanzmarkt-AG Attac Düsseldorf, Juni 2019

Ein Blick in die Geschichte

Ein kurzer Blick in die Geschichte ist nötig um zu begreifen, dass die skandalösen Geschäftspraktiken sozusagen in der DNA der Bank verankert sind:

Seit Gründung  der Bank 1870 war diese immer eng verquickt mit der Politik: als führendes nationales, wenn auch nicht staatliches, Finanzinstitut. Es wurde gegründet und gebraucht als Beschaffer von Monopolkapital für industrielle  Großprojekte, z.B. für Elektrifizierung von Großstädten oder von Eisenbahnprojekten oder als  Finanzier von Kolonialprojekten (z.B. Bagdad-Bahn), sowie zur Finanzierung des deutschen Außenhandels. Das ist nicht trivial: Auch heute noch meint der Finanzminister Scholz, man brauche eine global agierende Bank; so gab es immer schon eine enge Allianz mit dem Staat und Protektion durch den Staat.

Im 3. Reich war die Deutsche Bank in vielerlei Hinsicht in die verbrecherische NS-Politik involviert: bei der Finanzierung der Aufrüstung, bei Raubgold-Transfers ins Ausland, als Finanzier des Holocaust (z.B. des KZ-Krematorium-Produzenten Topf und Söhne oder der IG-Farben, die ein Werk in Auschwitz betrieb und deren Aufsichtsrat der Deutsche Bank-Vorstand H.J. Abs war); bei der Ausplünderung eroberter Staaten und der Abwicklung der Aneignung ausländischen Kapitals durch die deutsche Besatzungsmacht und bei der Arisierung jüdischen Vermögens, besonders auch der Übernahme jüdischer Privat-Banken. Fast das ganze Kapital der Bank wurde im NS-Staat investiert.

1947 erging daher folgerichtig der  Beschluss zur Liquidation der Bank durch die US-Militärverwaltung wegen der Mitwirkung am Holocaust und anderen NS- Verbrechen; 1948 erfolgte die Zerschlagung der Bank in 10 regionale Institute. Die Verantwortlichen entgehen aber einer Anklage vor dem Nürnberger Kriegsverbrechergericht dank hoher politischer Einflussnahme. Im Zusammenhang mit dem politischen Wandel im Zeichen des beginnenden Kalten Krieges wird die Deutsche Bank ab 1952 schrittweise wiedervereint und 1957 als nationales Institut wiedergegründet. Die Deutsche Bank spielt fortan eine tragende Rolle bei der wirtschaftlichen Stärkung des  strategisch wichtigen Kalten-Kriegs-Frontstaates BRD. Langjähriger Vorstandsvorsitzender wird  H.J. Abs, ehemals (NS-Zeit) als Vorstand für die Arisierung und die verbrecherische IG Farben zuständig.

In der BRD war die Deutsche Bank lange das „Zentralorgan“ des rheinischen Kapitalismus; die Bankvorstände hielten Dutzende von Aufsichtsrats-Mandaten bei führenden Industrieunternehmen; so fungierte die Deutsche Bank als Herzkammer der deutschen Wirtschaft. Unter Vorstandschef Herrhausen bis zu dessen Ermordung war die Deutsche Bank federführend bei einer großen Kampagne für den Schuldenerlass der ärmsten Länder – eigentlich eine gute Sache, aber nicht ganz selbstlos: die Deutsche Bank hatte sich entsprechend positioniert, während Konkurrenten darunter „gelitten“ hätten.

Einige (legale, normale) Geschäftsfelder der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart:

Die Deutsche Bank betätigte sich neben dem gewöhnlichen, moralisch unspektakulären Filialgeschäft immer schon auch auf problematischen Geschäftsfeldern, solange man Profite erwarten durfte:

Nahrungsmittelspekulation und Landgrabbing

So hat sich die Deutsche Bank mit ihren Rohstoff- und Agrarfonds an Nahrungsmittelspekulation und Landgrabbing beteiligt. Beides ist ein Geschäft mit dem Hunger. Nahrungsmittelspekulation verteuert die Lebensmittel in den armen Regionen, Landgrabbing raubt der Bevölkerung das Land für eigenen Lebensmittelanbau. Aufgrund einer für das Image der Deutsche Bank schädlichen, inzwischen etwas eingeschlafenen Kampagne gegen Nahrungsmittelspekulation hatte die Deutsche Bank den Handel mit Nahrungsmittelderivaten zwischenzeitlich eingestellt, später jedoch wieder aufgenommen mit der Begründung, ein Zusammenhang mit der Verteuerung von Nahrungsmittel sei nicht erwiesen.

Klima- und umweltschädliche Investitionen

Die Verantwortlichen der Deutschen Bank hatten auch keine Hemmungen, ihre Profite auf Kosten von Umwelt, Klima, Menschenrechten und sogar Menschenleben zu machen. Dass sie gleichzeitig Greenwashing betreiben, der Bank also einen grünen, nachhaltigen und umweltbewussten Anstrich geben wollen, erscheint daher eher zynisch, denn die Bank gehört zu den größten Investoren bei der Finanzierung von Atomkraftwerken, Staudämmen oder anderen Megaprojekten.

Klima- und umweltschädliche Investitionen der Deutschen Bank in Kohleabbau umfassten beispielsweise die Betreuung des Börsengangs  und die weitere Unterstützung des weltgrößten Kohleproduzenten COAL INDIA, dessen Abbaugebiete direkt an indische Nationalparks grenzen, in denen die letzten freilebenden Tiger vorkommen, deren Existenz damit massiv gefährdet wird.

Auch die Finanzierung von extrem schädlichen Abbaumethoden, wie zum Beispiel dem Mountaintop Removal in den US-amerikanischen Appalachen, bei dem ganze Bergspitzen abgesprengt wurden und der teils toxische Abraum einfach in das nächste Tal geschüttet, trägt zu den Profiten der Deutschen Bank bei.

Des Weiteren kritisierten Umweltschützer des Vereins Rettet den Regenwald im Juni 2012, dass die Deutsche Bank das malaiische Palmöl-Handelsunternehmen FELDA, das den Regenwald abholzt, bei seinem Börsengang unterstützte und so indirekt die weitere weitläufige Rodung kostbarer Waldflächen förderte. Das schadet ebenfalls in gleichem Maße der Umwelt wie dem Klima.

Atomkraft

Selbst nach dem Super-GAU im japanischen Fukushima hält die Deutsche Bank an ihren Investitionen in und der Finanzierung von Atomkraftwerken fest. Sogar für den Betreiberkonzern des havarierten Atomkraftwerks Fukushima, den japanischen Energiekonzern TEPCO,  gab die Bank Anleihen heraus – selbst nachdem bekannt wurde, dass der Konzern Sicherheitsberichte gefälscht und Reparaturen unterlassen hatte.

Gesundheitsschädliche Rohstoffe

Außerdem erhielten Unternehmen wie AREVA Kredite, die im Uranbergbau tätig sind, der eine massive Schädigung sowohl der Umwelt als auch der Gesundheit der Arbeiter und der in der Umgebung lebenden Bevölkerung mit sich bringt.

Über Aktien und Anleihen pflegt die Deutsche Bank darüber hinaus mit dem weltgrößten Rohstoff-Multi GLENCORE umfangreiche Geschäfte. Damit ist die Deutsche Bank direkt verwickelt in die endlos lange Liste von Verstößen und Verbrechen gegen Menschen- und Arbeitsrechte sowie gegen den Umweltschutz im Rahmen der Rohstoff-Förderung, besonders in Afrika (Coltan, Kongo).

Atomwaffen und Streubomben

Auch mit Rüstungskonzernen und deren Zulieferern werden vielfältige Geschäftsbeziehungen unterhalten – sei es nun in Form von Anleihen, Krediten oder Aktien an den Unternehmen. Dazu gehörten Unternehmen, die geächtete Streubomben oder sogar Atomwaffen produzieren und die ihre Waffen auch an Staaten liefern, die Menschenrechte missachten und die eigene Bevölkerung unterdrücken oder Krieg führen, wie derzeit im Jemen. Dies wurde auf der letzten Hauptversammlung (2019) moniert. Das Eurofighter- Konsortium lieferte mindesten 72  Eurofighter an die Saudis, obwohl die im Krieg gegen Jemen sind, mitfinanziert durch die Deutsche Bank. Insgesamt finanzierte die Deutsche Bank seit 2015 allein in der Krisenregion Nahost/ Nordafrika Waffengeschäfte mit einem Volumen von 1,8 Mrd. Inzwischen hat sich die Deutsche Bank wenigstens aus dem Streubombengeschäft zurückgezogen. Vor einem Jahr führte die Deutsche Bank auch eine neue Richtlinie zu sogenannten umstrittenen Waffen ein, womit wenigstens Atomwaffengeschäfte künftig möglichst vermieden werden sollen. Interessant ist die Begründung: Dies soll die Bank „vor Reputationsrisiken schützen“ (!), wird aber offenbar trotzdem nur halbherzig umgesetzt, es gibt wohl weiterhin Beziehungen zu Atomwaffenherstellern wie Raytheon (NGO „Facing Finance); laut einer Ican-Studie von 2018 habe allein die Deutsche Bank 6,6 Mrd. in Atomwaffenunternehmen investiert.

Riskante Geschäfte schädigen Kommunen

Die Deutschen Bank  hat mit riskanten Zinsswap-Geschäften missbräuchlich ihre Macht für Geschäfte eingesetzt, die öffentliche Einrichtungen wie Kommunen schädigten. Bei solchen Geschäften tauschte man Kredite mit hohen Zinsen in Kredite einer anderen Währung, bei der die Zinssätze niedriger liegen, ausgehend von der sich als falsch erweisenden Prognose, dass die Zinsverhältnisse sich nicht zuungunsten des Geschäftspartners ändern würden.  Mit solchen hochriskanten Wettgeschäften, an denen die Deutsche Bank hohe Provisionen verdiente, verloren Städte, Gemeinden und europäische Regionen – darunter Pforzheim, Hagen und Neuss – Millionenbeträge, was die betroffenen Kommunen finanziell schwer belastete.

2017 wurden die Pforzheimer Bürgermeisterin und ihr Kämmerer deswegen zu Bewährungsstrafen (Veruntreuung, verbotene Spekulationsgeschäfte)  zu Bewährungsstrafen verurteilt, die Bank und die Banker jedoch nicht – sie musste jedoch in manchen Fällen Schadensersetz leisten.

Die Deutsche Bank agierte auch als Treuhänder für die Besitzer von Hypothekenkrediten; in dem Zusammenhang bekannt wurden Klagen der Stadt Los Angeles gegen die Deutsche Bank wegen der Verwahrlosung zwangsvollstreckter Häuser und illegaler Zwangsräumungen; die Stadt verlangte Entschädigungen für die ehemaligen Mieter. Die Deutsche Bank sei der größte „Slumlord“ (Ausbeuter) der Stadt. Die Deutsche Bank kam vor Gericht aber ungeschoren davon – alles angeblich ganz legal. Die Bank konnte sich damit retten, dass sie kriminelle Teile der Geschäftsvorgänge an „Subunternehmer“ ausgelagert hatte.

[persönliche Beobachtung des Autors: Eine Bekannte von mir freute sich im Jahr 2000 über einen Geldsegen von 80 000 Mark und legte das Geld für ihre Altersvorsorge bei der Deutsche Bank an. Auf mein entsetztes Nachfragen, wieso gerade dort, sagte sie mir, man habe ihr vorgerechnet, dass sie später mit einer Rente von 4000 Mark monatlich rechnen könne. Das hat sich natürlich nicht ansatzweise erfüllt. Aber mit solchen damals wohl noch formal-legalen Bauernfängermethoden – vulgo Beratungsbetrug – arbeitete man offenbar bei der Deutschen Bank Düsseldorf. Ein ehemaliger Mitarbeiter der Bank in Düsseldorf berichtete den attac-Finanz-AG-Mitgliedern über ähnliche Praktiken, bei denen wissentlich problematische Anlagen verkauft werden, solange nur die Provisionen stimmen. Der Mann verließ die Bank, als er wegen Gewissenskonflikten psychisch erkrankte.]

Alles legale, erlaubte Geschäfte.

Aber die Deutsche Bank kann auch anders. Hier eine Auswahl aus der Skandalchronik.

Weiterlesen Teil 2: Gesetzeswidrige Geschäfte vor dem “Kulturwandel”


Inhaltsübersicht Blogbeitrag:

Teil 1 ein kriminelles Unternehmen?

Teil 2 gesetzwidrige Geschäfte vor dem “Kulturwandel”

Teil 3 In der Finanzkrise

Teil 4 Nach dem Kulturwandel

Teil 5 Die Justiz – Was müsste sich ändern?

Teil 6 Ist die Deutsche Bank nun eine kriminelle Vereinigung?