Was machen die angeblich so seriösen Unternehmensberatungen?
Im Laufe der vergangenen 20 Jahre wurde die Steuervermeidung für die meisten Konzerne zum Geschäftsmodell. Das hat dazu geführt, dass sich eine eigene Welt-Liga von Beratungsfirmen („The Big Four“ genannt) gebildet hat: Deloitte, PricewaterhouseCoopers (PwC) und Ernst&Young (E&Y) mit Sitz in London und die KPMG mit Sitz in der Schweiz. Dabei handelt es sich nicht – wie sich mancher vielleicht vorstellt –, um hilfreiche kleine Unternehmensberatungen, sondern vielmehr um eine gigantische weltweite Beratungsindustrie. Sie sind in nahezu allen Großkonzernen der Welt tätig, und beraten (manipulieren?) sogar Regierungen. Die Big Four beschäftigen zusammen 1,3 Millionen Mitarbeiter:innen in ca. 160 Ländern und erwirtschaften einen Umsatz von 180 Mrd. US-Dollar. Neben der Überprüfung und Bestätigung von Bilanzen geht es insbesondere um Steuervermeidung durch Ausnutzung von günstigen Steuertarifen weltweit – in sogenannten Steueroasen.
Auch die Skandale der Big Four sind legendär: So wurden beim sogenannten Luxemburg-Leaks-Skandal tausende Dokumente bekannt, in denen belegt war, wie PwC die Steuererklärungen von Konzernen wie IKEA, Pepsi, Apple, der Deutschen Bank oder Amazon so „gestaltet“ hatte, dass die Steuerquote auf teilweise unter 0,1% gedrückt wurde. Ein Chefberater wurde bekannt durch die Aussage vor dem britischen Parlament, dass für PwC etwas legal sei, wenn die Chance, vor Gericht zu bestehen, bei 50% liege.
Ernst & Young zahlte 110 Millionen US-Dollar Strafe im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers wegen Bilanztricks, was zum Ausbruch der Weltfinanzkrise 2008 beigetragen hat. Außerdem wurde eine Strafe von 95 Millionen Euro gegen E&Y verhängt im Zusammenhang mit dem betrügerischen Konkurs der Maple-Bank, die mit Cum-Ex-Geschäften aufgeflogen war. Weiterhin laufen gegen E&Y Hunderte von Klagen wegen des Wirecard-Skandals und ein zweijähriges Verbot der Übernahme von neuen Mandaten deutscher Firmen. E&Y hatte die Korrektheit der Unternehmensfinanzen bestätigt, obwohl durch Betrug Milliarden von Euro unterschlagen worden waren. Tausende von Kleinanleger:innen verloren durch den schließlich unumgänglichen Konkurs von Wirecard ihr Erspartes. Verurteilt wurde E&Y auch wegen Bilanzfälschung bei der Banco National in Brasilien, wegen Insiderhandel und wegen ihrer Rolle bei einem Bestechungsskandal in Südafrika (Gupta-Skandal).
Wer sind die Leidtragenden?
Die Hauptleidtragenden der Steuerdumping-Politik der internationalen Konzerne sind jedoch die Entwicklungs- und Schwellenländer. Das Tax Justice Network schätzt, dass 10% des Vermögens der Welt – etwa 30 Billionen US-Dollar – bereits in Steueroasen untergebracht wurden – darunter ein Drittel aus den Entwicklungs- und Schwellenländern. Jedes Jahr werden eine Billion US-Dollar Gewinne von Firmen in Steueroasen (Länder mit geringen Steuersätzen) ausgewiesen, wobei die Geschäftstätigkeit dieser Firmen dort meist nur in der Miete eines Briefkastens besteht. Die Steuerverluste von Entwicklungsländern sind dadurch höher als die gesamte Entwicklungshilfe. Durch die von den „Big Four“ organisierte Steuervermeidung fehlt diesen Ländern zum Beispiel Geld für das Gesundheitswesen oder die soziale Sicherung.